Tschechow, Anton – Eine langweilige Geschichte

Nikolaj Stepanytsch lebt ein vorbildliches Leben. Der Professor ist erfolgreich, tugendhaft und fleißig. Ihm macht es Spaß, seinen Studenten während seiner Vorlesungen Wissen zu vermitteln. Nie verliert er ein böses Wort oder mischt sich in die Angelegenheiten fremder Leute ein. Er ist ein landesweit anerkannter Wissenschaftler, der überall mit Anerkennung und Respekt empfangen wird. Seine Tochter lebt noch bei ihren Eltern und sein Sohn hat als Offizier Karriere gemacht. Doch Stepanytsch wird immer kränker und älter und spürt, dass er bald sterben muss. Im Angesicht des Todes wird zunehmend unzufriedener und ungeduldiger. Er ist genervt von den Marotten seiner Frau und die Studenten, die ihn oft um bessere Noten oder leichte Doktorarbeiten anbetteln werden immer barscher abgewiesen. Die Abneigung gegen den zukünftigen Mann seiner Tochter kann er kaum noch verhehlen und fängt an gegen ihn zu sticheln. Während seiner Vorlesungen wird er schwach, muss sich setzen oder verliert den Faden. Er weiß, dass er nicht so weitermachen kann, es fehlt ihm jedoch der Mut, seinen Rücktritt zu erklären. Mit seinen Mitmenschen kommt er nicht mehr zurecht, einzig mit Katja einer jungen Frau, die viel Geld geerbt hat und keiner geregelten Beschäftigung nachgeht, hat er keine Probleme.  Eines Nachts kann er mal wieder nicht schlafen, um ihn herum ist eine gespenstische Ruhe und er fühlt den Tod immer näher rücken. Da hört er Geräusche im Garten und kann eine blasse Frau mit schwarzem Kleid und weit aufgerissenen Augen erkennen, es ist Katja.

 

Die Geschichte ist, entgegen ihrer Bezeichnung, ganz und gar nicht langweilig. Die Sprache ist enorm präzise und anschaulich. Tschechow beschreibt die Vorkommnisse und Menschen sehr exakt und beherrscht die Fähigkeit wunderbare Sätze zu schreiben, von denen etliche auch in der heutigen Zeit noch ihre Richtigkeit haben. Man kann das Buch an vielen Stellen aufschlagen, fast immer findet man treffend oder originell formulierte Sätze. „Weiter fahre ich, über Feld und an einem Friedhof vorüber; er macht nicht den geringsten Eindruck auf mich, obwohl ich bald auf ihm liegen werde;“ oder „scheint mir die gesamte zeitgenössische Literatur keine Literatur, sondern eine Art Hausindustrie zu sein, die man nur unterstützt, weil sie vorhanden ist, deren Erzeugnisse man aber ungern benutzt“ Eine sehr interessante, geistreiche und traurige Erzählung von Anton Tschechow.

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